Das Jahr 2022 klingt mit einer kleinen, kostbaren musikalischen Wiederentdeckung aus: westfälische Weihnachtsweisen, die der Fürstenberger Organist Henricus Beginiker (1583–ca. 1663/64) im Jahre 1622 gesammelt und in einem Notenbüchlein zusammengetragen hat. Motetten und Chorsätze, die er hier und da kennenlernte, bearbeitete der musikbegeisterte Geistliche für die Orgel oder setzte Lieder aus dem Paderborner Gesangbuch von 1609 mehrstimmig. Auf den Einsatz großer Besetzungen verzichtete er. Beginikers Tabulaturbuch war für das intime Musizieren in Haus und Kirche gedacht.
1622 – eine Jahreszahl, die nicht nur genau 400 Jahre zurück, sondern zugleich mitten in die Schrecken des Dreißigjährigen Kriegs führt. Damit schlägt die wiederentdeckte Sammlung nicht nur einen Bogen zu aktuellen Themen, sondern rückt auch zentrale Aspekte menschlichen Daseins in den Fokus. Der Zuhörer erlebt, wie trostreich in dunklen Tagen eine kleine Melodie oder als wie erhebend sich angesichts verheerender Ereignisse, Niedertracht und Menschenverachtung ein freudvoller Choral erweisen kann. Hierin kann der Mensch einen Ruhepol finden, und sei es auch nur für kurze Zeit. Darüber hinaus ist Musik in Zeiten von Krieg oder existenzieller Bedrohungen immer auch der Versuch, die Welt in Tönen neu zu ordnen und den Blick hin zu Visionen des Friedens auszurichten.
Geistliches und Weltliches finden in „Weihnacht 1622“ zusammen. Freude und Andacht, schlichte Lieder und Verse, voll überströmender Zärtlichkeit und teils kindlicher Innigkeit wechseln sich ab mit geistlichen Gesängen, Weihnachts-und Jubelliedern, alles in leicht fasslichen Melodien und Texten von einer eindrücklichen poetischen Kraft.